Wenn es dir bisher schwer gefallen ist, langfristig an der Ernährungsumstellung dran zu bleiben und du immer wieder in alte Gewohnheiten rutscht, dann könnte es sein, dass dein “Kopf” immer wieder dafür sorgt, dass du in alte Muster rutscht. Weil du sogenannte “Glaubenssätze” hast, die dir bei deinem Vorhaben im Weg stehen.
Glaubenssätze sind Dinge, die wir im Laufe unseres Lebens über uns und die Welt um uns herum gelernt haben. Sie helfen uns dabei uns in der Welt zu orientieren, ohne, dass wir ständig neue Bewertungen und Interpretationen vornehmen müssen. Das heißt, sie unterstützen uns dabei, Situationen schnell einzuschätzen und darauf zu reagieren. Sie sind also Vereinfachungen und Abkürzungen unseres Gehirns. Ohne sie wäre das Leben ziemlich anstrengend.
Glaubenssätze hast du zu allem, was in deinem Leben Bedeutung hat – natürlich auch über das Essen, gesunde Ernährung, Abnehmen usw. Du hast sie im Laufe deines Lebens von deinen Eltern oder anderen wichtigen Bezugspersonen gelernt oder selbst aus bestimmten Erlebnissen gebildet. Viele von ihnen sind sehr hilfreich und positiv, aber manche von ihnen können einen negativen Einfluss auf dein Leben haben, nämlich dann, wenn sie verhindern, dass wir unsere Ziele erreichen.
Die meisten unserer Glaubenssätze sind uns überhaupt nicht bewusst. Das ist auch gut so, denn sie sollen uns im Hintergrund dabei helfen uns das Leben zu vereinfachen. Wenn es aber ungünstige Glaubenssätze sind, die unseren Zielen im Weg stehen, dann wäre es besser, wenn wir sie uns bewusst machen, denn nur so können wir sie dann gezielt verändern.
In vielen Fällen hilft es da, wenn wir uns selbst und unsere Gedanken mal sehr genau beobachten und unseren Gedanken „zuhören,“ wenn es ums Essen geht. Oft reicht es dann schon, wenn sie dir mal bewusst geworden sind und du rational dagegen argumentierst. Das wäre im ersten Schritt schriftlich am Idealsten. In weiterer Folge kannst du dir das dann immer wieder in Erinnerung rufen.
Aber dazu später mehr. Jetzt möchte ich dir mal ein paar Beispiele für Glaubenssätze zeigen, damit du noch besser verstehst, was ich damit meine. Glaubenssätze zum Thema Ernährung, die mir in meiner Beratungspraxis oft begegnen, sind zum Beispiel folgende:
- Ich muss es 100% richtig machen. Sonst ist es eh schon egal.
- Gesundes Essen schmeckt nicht (so gut).
- Zum Abnehmen braucht man viel Disziplin. Die habe ich nicht.
- Abnehmen funktioniert nur durch hungern.
- Gesundes Essen kostet so viel Zeit. Die habe ich einfach nicht.
- Ich kann doch meine Familie mit dem gesunden Essen nicht quälen.
- Man lebt nur einmal. Da möchte ich auf nichts verzichten.
Hast du dich in dem ein oder anderen Satz wiederentdeckt? Das ist schon mal gut, denn dann kannst du gezielt daran arbeiten. Dabei geht es vor allem darum neue Sichtweisen zu entwickeln. Ein paar davon möchte ich dir weiter unten mit auf den Weg geben. Wenn du dich nicht wiedererkannt hast, lies trotzdem weiter, denn vielleicht ist dir das noch gar nicht bewusst. Dann kann die genauere Auseinandersetzung helfen.
Weil ich zu den meisten dieser Glaubenssätze eine ganze Menge zu sagen hätte, werde ich in den nächsten Wochen und Monaten immer wieder den einen oder anderen Satz aufgreifen und darauf eingehen. Den Anfang machen heute „Ich muss es 100% richtig machen. Sonst ist es ‚eh schon egal‘!“ und „Gesundes Essen kostet so viel Zeit. Die habe ich einfach nicht.“
Glaubenssatz Nr. 1: „Ich muss es 100% richtig machen. Sonst ist es ‚eh schon egal‘!“
Du kennst das vielleicht. Du hast dir vorgenommen, gesunde Ernährung ab jetzt „mal so richtig durchzuziehen“ – damit sich die die neuen Gewohnheiten endlich langfristig etablieren und du dein Wohlfühlgewicht so schnell wie möglich erreichst. Und das schaffst du dann auch ein paar Tage, bis plötzlich etwas Unerwartetes passiert und du eine nicht geplante Ausnahme machst (z.B. weil dich die Freundin spontan auf einen Drink einlädt oder du länger arbeiten musst und mit Heißhunger nach Hause kommst). Bis dahin wäre ja eigentlich alles super, denn das gehört ja zum Leben dazu. Eigentlich wärst du damit also trotzdem noch „im Plan“. Bei vielen Menschen führt das aber dann dazu, dass sie plötzlich ihren gesamten Plan hinschmeißen, weil nun ein „Fehler“ passiert ist. Zumindest interpretiert ihr die kleine (oder größere) Ausnahme als Fehler. Und dass ihr damit versagt habt. Und dass es deswegen “jetzt eh schon egal ist, weil alles kaputt ist.”
Man könnte es aber auch ganz anders betrachten.
Ein paar Denkanstöße, die dir dabei helfen können, diese Sichtweise zu verändern:
1) Was sind deiner Meinung nach die Kriterien dafür, dass du es 100% richtig machst? Warum müssen es unbedingt 100% sein? Würden nicht 95% oder 80% auch reichen? Warum sind es genau diese Kriterien, die du da anlegst? Warum sind sie nicht etwas strenger oder etwas entspannter?
Ein Beispiel: Du nimmst dir vor, jeden Tag 3 gesunde Mahlzeiten zu essen: ein gesundes Frühstück, ein Mittagessen mit viel Gemüse und ausreichend Eiweiß in der Kantine und eine frisch gekochte Mahlzeit am Abend. Und du möchtest dir einmal am Wochenende und einmal unter der Woche eine Ausnahme gönnen. Das funktioniert ganz gut, doch dann kommt ein besonders stressiger Tag in der Arbeit, du musst länger im Büro bleiben und dann bleibt das frisch gekochte Abendessen auf der Strecke und es wird ausnahmsweise die Tiefkühlpizza oder eine kalte Jause. Und schon hast du das Gefühl, etwas „falsch“ gemacht zu haben. Das war ja nicht geplant. Und anstatt zu sehen, dass du bei immerhin zwei Mahlzeiten dieses Tages erfolgreich warst und stolz auf dich bist, ärgerst du dich über dich selbst und schmeißt alles hin. Aber warum wäre genau ein zusätzliches Abendessen “richtiger”gewesen, als das, was du gemacht hast? Woher kommt diese strikte Einteilung in “richtig” und “falsch”? Es ist immer möglich strengere und weniger strengere Kriterien anzulegen. Theoretisch könntest du dir ja auch nicht einfach nur vornehmen 3 Mahlzeiten zu essen, sondern auch noch darauf zu achten, dass du jeden Tag 3 unterschiedliche Eiweißquellen und 6 verschiedene Gemüsesorten isst.
Achtung: Damit will ich jetzt keinesfalls sagen, dass du strenger mit dir sein sollst! Es geht mir nur darum, dir zu zeigen, dass es weder ein eindeutiges “Richtig” noch ein eindeutiges “Falsch” gibt. Und im Zweifel sind wir alle immer etwas zu streng mit uns selbst und sollten viel nachsichtiger mit uns umgehen. Manchmal ist eben mehr möglich und manchmal weniger. Was mich auch gleich zum nächsten Punkt führt:
2) Kannst du hellsehen oder bist du eine Maschine?
Wenn du dir einen Plan erstellst, dann überlegst du dir vermutlich, wie deine Woche ungefähr ablaufen wird und versuchst dann Mahlzeiten zu planen, die sich damit gut vereinbaren lassen. Das ist super! Aber was du dann oft vergisst, ist, dass du eben nur bestimmte Annahmen über deine Woche treffen konntest und nicht hellsehen kannst. Was tatsächlich passieren wird, weißt du ja nicht. Also warum erwartest du von dir, an einem Plan fest zu halten, der unter ganz anderen Erwartungen entstanden ist? Du kannst ja nicht hellsehen (vermute ich zumindest mal 😉 ).
Außerdem bist du (wiederum vermutlich, aber wer weiß das schon) keine Maschine – du „funktionierst“ also nicht jeden Tag gleich. Hast du beispielsweise mal schlechter geschlafen, kann das deine Stimmung am Morgen beeinflussen. Das wiederum könnte dazu führen, dass es mit dem Partner oder den Kindern Streit gibt und dann hältst du vielleicht auch den Stress in der Arbeit nicht so gut aus. Warum erwartest du an solchen Tagen also genau die gleichen Leistungen von dir, was die Ernährung angeht, wie an Tagen, in denen du super gelaunt bist und wo alles wie am Schnürchen läuft? Warum erlaubst du dir bei leicht anderen Umständen nicht auch mal leicht vom Plan abzuweichen? Versuche doch mal wohlwollender und empathischer mit dir selbst umzugehen und deinen Plan nicht von den ursprünglichen Annahmen, sondern von den tatsächlichen Gegebenheiten abhängig zu machen.
3) Bist du sonst im Leben auch sehr perfektionistisch?
Wenn ja: Woher kommt das? Steckt da die Angst dahinter, Fehler zu machen? Hast du das Gefühl, dass du nicht gut genug bist, wenn nicht alles 100% so ist, wie du glaubst, dass es sein muss? Beobachte das mal in deinem Leben und überlege dir, wann das entstanden sein könnte bzw. von wem du diese Sichtweise übernommen haben könntest. Wenn du das weißt, kannst du dir bewusst überlegen, ob diese Sichtweise wirklich Sinn macht bzw. ob die Person, von der das kommt, wollen würde, dass du darunter leidest. Das kann helfen, diese Einstellung ein bisschen zu relativieren. Wenn dein Perfektionismus sehr hartnäckig ist, kann da aber auch psychologisches Coaching schneller und effektiver helfen, diese Gefühle zu ergründen und aufzulösen.
Glaubenssatz Nr. 2: „Gesundes Essen kostet so viel Zeit, die habe ich einfach nicht.“
Ja, natürlich kostet es ein bisschen Zeit Essen zuzubereiten, aber auch duschen und Haare waschen kosten Zeit, die du dir vermutlich nimmst. Oder wie oft gehst du mit ungewaschenen Haaren, ungeduscht und ungeschminkt zur Arbeit oder auf ein Date? Das ist also einerseits eine Frage der Prioritäten, die du mal überdenken könntest, andererseits gibt es aber auch noch ein paar andere Aspekte, die man diesbezüglich noch beachten sollte:
1) Vielleicht hast du noch nicht die richtigen Gewohnheiten etabliert und es kostet deshalb NOCH viel Zeit und Energie. In diesem Fall solltest du dir zuerst mal Zeit geben und als Priorität gar nicht so sehr das Abnehmen oder das Umkrempeln deiner gesamten Ernährung, sondern zunächst einmal „nur“ die Entwicklung eines guten Systems. Nimm dir erst einmal eine Kleinigkeit vor und konzentriere dich nur darauf, diese eine Sache so hinzubekommen, dass sie möglichst wenig Zeit und Energie kostet. Und wenn das gut klappt, konzentrierst du dich aufs nächste.
2) Vielleicht gibt es noch Optimierungsbedarf bei den Dingen, die du kochst und planst bzw. auch dabei wie du planst. Es gibt so viele Möglichkeiten gesunde Gerichte in den Alltag zu integrieren – egal, ob du zu Hause isst oder unterwegs bist. Und es gibt so viele Gerichte, die man entweder wirklich schnell kochen kann (in max. 20 Minuten) oder, die man – wenn man unterwegs ist – im Supermarkt besorgen kann. Da musst du vielleicht ein bisschen herumprobieren und herausfinden, welche das für dich sind. Wie einige von euch wissen, bin ich ja seit mittlerweile 7 Jahren auch Mitglied in Sasha Walleczeks Faustformel Team und habe die online Plattform inklusive Rezept-Datenbank mitentwickelt. Wenn du also Anregungen und Rezeptideen brauchst, kann ich dir den Faustformel Blog sehr ans Herz legen oder auch die Faustformel Premium Mitgliedschaft, bei der du unter anderem Zugriff auf über 900 Rezepte hast – da ist ganz sicher das Richtige für dich dabei.
3) Hast du andere dringendere Bedürfnisse oder Prioritäten, die vielleicht zu kurz kommen? Das ist vollkommen verständlich und nachvollziehbar. Oft hilft es schon sich überhaupt mal bewusst zu werden, dass es da bestimmte Anteile in dir gibt, die Unterschiedliches wollen (ich hab dazu schon einmal diesen Artikel geschrieben – da ist das genauer erklärt). Wichtig zu wissen, ist, dass alle diese Anteile nur das Beste im Sinn haben: nämlich dein Wohlbefinden, wenn auch auf unterschiedliche Arten. Sich das bewusst zu machen und mit ihnen in Verhandlung zu treten, reicht oft schon, um das Problem zu lösen. Manchmal sind diese Verhandlungen aber etwas komplexer, dann kann ein Coach da sehr hilfreich sein (wenn du glaubst, dass dir das helfen könnte, findest du hier mehr Info dazu).
4) Hast du dich schon einmal gefragt, warum du Kochen als so anstrengend empfindest? Gibt es vielleicht eine Möglichkeit das Kochen nicht nur als notwendiges Übel zu betrachten? Es könnte ja auch eine Möglichkeit sein, Zeit mit der Familie oder dem Partner zu verbringen, gemeinsame Erlebnisse zu schaffen und schon während des Kochens über den Tag zu plaudern. Wenn du alleine bist, kann es auch eine Möglichkeit sein, um abzuschalten, mal was ganz anderes zu tun und voll im Hier und Jetzt zu sein. Und es könnte etwas sein, wo du weißt, dass du etwas ganz besonders Gutes für dich tust. Wenn dir diese Sichtweise schwer fällt, gibt es aber vielleicht auch einfach andere Möglichkeiten, um dir das Kochen zumindest angenehmer zu machen. Wie wär’s wenn du die Gelegenheit nutzt, um deine Lieblingsmusik zu hören und durch die Küche zu tanzen? (Das hat wiederum gleich zwei positive Nebeneffekte: 1) Dein Gehirn schüttet den Botenstoff Dopamin aus – das ist das Hormon, das auch beim Essen von Süßigkeiten ausgeschüttet wird und uns ein tolles Gefühl macht. 2) Wenn du tanzt, hast du gleich ein bisschen zusätzliche Bewegung in deinen Alltag integriert.) Auch das Hören von Hörbüchern oder Podcasts kann eine tolle Nebenbeschäftigung beim Kochen sein. Oder du verknüpfst deine Lieblingsserie mit dem Kochen (wenn du von der Küche aus nicht fernsehen kannst – Netflix und Co gibt es ja mittlerweile auch auf Smartphones).
Was heißt das jetzt für dich?
1) Wenn du erkannt hast, dass einer dieser Glaubenssätze auf dich zutrifft, dann hast du schon einen wichtigen ersten Schritt getan, um daran zu arbeiten. Gratuliere! 😉
2) Versuche dich in der nächsten Zeit noch ein bisschen intensiver mit den verschiedenen Sichtweisen, die ich dir gegeben habe zu beschäftigen und versuche vielleicht auch selbst noch weitere Gegenargumente, neue Perspektiven oder Handlungsmöglichkeiten zu finden. Schreib dir das am besten auf. (Mach das wirklich – es macht echt einen Unterschied, ob man das nur im Kopf macht oder zu Papier bringt.)
3) Suche auch nach einem neuen, hilfreicheren Satz, der den alten ersetzen kann. (Es kann auch sein, dass dein „alter“ Satz ein wenig anders formuliert ist, als ich es hier beschrieben habe – das ist ok, du kannst ihn so formulieren, wie er für dich passt). Wichtig für den neuen Satz ist, dass du ihn dir grundsätzlich glauben kannst und er nicht sofort ein Gefühl von Widerstand in dir auslöst. Also wenn du kochen bisher immer als unglaublich mühsam und anstrengend empfunden hast, dann sollte dein neuer Satz nicht einfach sein „Kochen macht Spaß“ (außer du hast das beim Lesen dieses Artikels wirklich gedacht). Du kannst den Satz dann zum Beispiel auf verschiedene Arten etwas glaubwürdiger machen: „Kochen kann auch Spaß machen.“ Oder „Ich finde Wege um mir kochen angenehmer zu machen“.
4) Gib dir ein bisschen Zeit, um die neue Sichtweise zu etablieren. Wenn du merkst, dass es dir nicht so wirklich gelingt, dann kannst du dir überlegen, mal zu mir ins Coaching zu kommen – dann können wir gemeinsam daran arbeiten. Die richtigen Fragen und Techniken aus dem Mentaltraining können da oft eine sehr effektive Unterstützung sein. Mehr Infos dazu findest du hier. (Wenn du Lust hast, kannst du dich auch für meinen Newsletter anmelden – auf meinem Blog gibt es regelmäßig psychologische Tipps und Tricks, die dir bei der erfolgreichen Ernährungsumstellung helfen können.)